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Heckert-NC-Pinolen: Für schwingungsfreie Bearbeitung tief liegender Flächen

Metallbearbeitung kann auf vielfältige Weise anspruchsvoll sein. Eine besondere Herausforderung stellen Formelemente dar, die im Innenraum des Werkstücks liegen. Um diese präzise und wirtschaftlich zu bearbeiten, empfiehlt sich ein horizontales Bearbeitungszentrum mit NC-Pinole – zum Beispiel aus der Heckert- Kompakt- oder Grossmaschinen-Baureihe.

Wie lassen sich grosse Getriebegehäuse für Bau- und landwirtschaftliche Fahrzeuge, Planetenradträger für Windkraftanlagen oder auch grosse Strömungskörper für die chemische Industrie wirtschaftlich und technisch optimal bearbeiten? Insbesondere dann, wenn tief im Inneren hochpräzise Bohrungen, Lagersitze und ähnliche Elemente zu erzeugen sind?

Man spannt solche Werkstücke auf ein entsprechend grosses Bearbeitungszentrum (BAZ) und für die innen liegenden Formelemente anschliessend auf ein Bohrwerk – begleitet vom Aufwand für den Maschinenwechsel, Zeitverlusten und Genauigkeitseinbussen durch Umspannfehler.

Oder man nutzt das BAZ zur kompletten Bearbeitung. Damit vermeidet man die negativen Seiten des Maschinenwechsels. Dafür muss jedoch die Maschine mit langen Werkzeugen ausgerüstet sein, um die im Werkstück liegenden Elemente zu erreichen. Auch eine kostenintensive Angelegenheit, oft flankiert von unsicheren, qualitativ eingeschränkten Bearbeitungsergebnissen.

Oder – der Anwender entscheidet sich für ein BAZ, das mit einer als NC-Pinole ausgeführten Arbeitsspindel ausgestattet ist! Diese kann tief liegende Flächen und Bohrungen mit kurzen Standardwerkzeugen bearbeiten und spart damit Werkzeugkosten ein. Die hohe Laufruhe erhöht zudem die Werkzeugstandzeit und die Oberflächenqualität. Gegenüber dem Einsatz langer Werkzeuge bietet die Pinolenlösung eine Bearbeitung mit höheren Schnittwerten und verbesserter Prozesssicherheit.

Langjährige Erfahrung im Pinolenbau

Das Heckert-Werk der Starrag in Chemnitz bietet Bearbeitungszentren mit einem solchen Pinolensupport an. Klaus Frost, Leiter der Versuchswerkstatt, berichtet: »Wir entwickelten unsere erste Pinole mit 125 mm Durchmesser und 500 mm Ausfahrweg Mitte der 1990er -Jahre. Sie war für den Getriebegehäusebau im Traktorenbereich bestimmt und hat sich bei weltweit führenden Herstellern sofort bewährt. Denn damit konnten sie Lagerbohrungen in einer wesentlich höheren Qualität erzeugen als bisher mit konventionellen Werkzeugen – und das in der Grossserienfertigung.«

Die Heckert-Entwickler erkannten schon damals das Potenzial, das in derart ausgestatteten, vollständig gekapselten Fräszentren steckt. Zunächst entwickelten sie die 125er-Pinole für die Baureihe Heckert CWK 1000 bis 1600 – Grossbearbeitungszentren, die Anfang der 2000er- Jahre in die Heckert-Large-Athletic-Baureihe HEC 1000 bis 1800 überführt wurden. Mit der Entwicklung der Kompaktmaschinen Heckert Athletic HEC 500 bis 800 entstand der Kundenwunsch, auch in diese kleineren Zentren einen Pinolensupport zu bekommen. Gesagt, getan. Ab 2008 stand hierfür die 125er-Pinole als Option bereit.

Mit dem wachsenden Bedarf an Windkraftanlagen, deren Getriebegehäuse eine nochmals grössere Dimension aufweisen, äusserten Hersteller den Wunsch nach einer leistungsstärkeren Pinole mit noch grösserem Ausfahrweg. Dieser wurde 2004 mit einer 150-mm- Pinole erfüllt, die das Werkzeug um 750 mm über die Palettenkante hinweg in das Werkstück einfahren kann. Ein Erfolgsmodell, das in den Folgejahren kontinuierlich verbessert wurde – zum Beispiel mit dickeren Wandstärken und einem wassergekühlten Motor, der eine auf 82 kW (S6) gesteigerte Spindelleistung ermöglichte. Durch die innere und äussere Kühlung konnte die Drehzahl auf maximal 5.000 min-1 gesteigert werden. Auch die 125er-Pinole erhielt einen wassergekühlten Motor, sodass sie mit 53 kW Leistung und einer Drehzahl von bis zu 4.000 min-1 aufwarten kann.

Erfolgreicher Einsatz in der Schwerzerspanung

Eckardt Vogel, Anwendungstechnologe und Angebotsprojektierer, erwähnt, dass der Grossgetriebebau bis heute ein wichtiger Einsatzbereich geblieben ist: »Unsere Pinolen-Bearbeitungszentren werden nach wie vor für klassische Getriebe für Traktoren, Schlepper und andere landwirtschaftliche Fahrzeuge gekauft sowie für Stufengetriebe in Baumaschinen, für Planetenradträger und konventionelle Getriebe in der Windkraft. Wir beliefern aber auch Hersteller von Getrieben für Mischanlagen in der Verfahrensindustrie oder für Strömungskörper in der Chemie. Es hat sich ausserdem eine Nischenanwendung im Elektromaschinenbau entwickelt. Hier geht es ums Ausspindeln von Statorgehäusen für schwere Elektromotoren, wie sie in der stromerzeugenden Industrie benötigt werden.« In nahezu allen Fällen handelt es sich um Schwerzerspanung von verschiedenen Gussvarianten sowie hochlegierten Stählen.

Der Erfolg der Pinolentechnologie beruht darauf, dass es – sowohl wirtschaftlich als auch technisch betrachtet – so gut wie keine konkurrenzfähige Alternative gibt. Eckardt Vogel erklärt die Werkzeugproblematik bei Bearbeitungszentren ohne Pinole im Detail: »Um die inneren Bereiche eines Getriebegehäuses zu erreichen, werden weit auskragende Werkzeuge benötigt, die zu erheblichen Vibrationen neigen. Sie müssen zwingend schwingungsgedämpft ausgeführt, feingewuchtet und mit allerlei Finessen ausgestattet sein, um einen akzeptablen Rundlauf zu erreichen.« Zudem gebe es meist Probleme mit dem Werkzeugmagazin und -wechsler. Denn ein beispielhaftes Messerkopfwerkzeug mit 400 mm langem Schaft ist enorm schwer und hat ein sehr grosses Kippmoment. Das heisst, es muss eine Pick-up-Lösung im Arbeitsraum installiert werden. »Das ist auch nicht erwünscht«, weiss der Anwendungstechnologe und fügt hinzu: »Ausserdem braucht man schliesslich mehr als ein Werkzeug – eines für jede Tiefe und jeden Aufsatz. Das wirkt sich sehr ungünstig auf die Fertigungs- und letztlich auf die Stückkosten aus.«

Im Gegensatz dazu verleiht eine Pinole dem Anwender kollosale Flexibilität. Er kann in hohem Mass auf verhältnismässig günstige Standardwerkzeuge zurückgreifen. Ein zweiter Effekt der beiden Heckert-Pinolen: Sie wirken aufgrund ihrer spielarmen Gleitführung stark schwingungsdämpfend, wodurch höhere Schnittwerte möglich sind, die Prozesssicherheit steigt und bessere Oberflächen erzeugt werden.

Durchdachte Konstruktion und Überwachung

Die Ausstattung der Heckert-Pinolen ist weitgehend mit den ansonsten üblichen Spindeln identisch. Beide bieten die Werkzeugschnittstellen HSK-A100 oder SK50 / BT50 an, die auch mit Plananlage erhältlich sind. Die Pinole ist für innere Kühlschmierstoff(KSS)-Zuführung mit bis zu 80 bar ausgelegt. »Das ist ein wichtiger Faktor«, betont Versuchswerkstattleiter Klaus Frost. »Denn bei Innenraumbearbeitungen bringt man auf externem Weg keinen KSS an die Werkzeugschneide. « 

»Ich kenne Kunden, die von der Amortisation ihrer Pinole innerhalb eines Jahres berichten.«

Carsten Bergmann, Product Manager Heckert

Beate Göbel, verantwortliche Konstrukteurin für die 125er- Pinole, erläutert weitere konstruktive Details: »Wir bringen Motordrehzahl und Leistung über einen querkraftfreien Antrieb in die Pinolenspindel ein. Besonders hohen technischen Aufwand betreiben wir bei der Lagerung. So ist die 125er-Pinole mit einem lebensdauerfettgeschmierten Schrägkugellager mit 170 mm Durchmesser ausgestattet. Die 150er-Version enthält ein öl/luft-geschmiertes Schrägkugellager mit 200 mm Durchmesser. Und wir bieten für die Pinolen eine Arbeitsspindeldiagnose an, wie bei unseren anderen Spindeln üblich, allerdings erweitert auf zusätzliche, pinolenspezifische Lager.« Neben den Lagern werden folgende Zustände überwacht: Unwucht an der Spindel, Vibration während der Bearbeitung und Stoss. Die Daten werden in dem Auswertegerät gespeichert und können über eine Auswertesoftware ausgelesen und visualisiert werden.

Bleibt noch die Frage nach den Kosten. Laut Carsten Bergmann, Product Manager Heckert, muss man für den Pinolensupport – beispielhaft an einer Heckert HEC 630 – knapp 120.000 Euro mehr auf den Tisch legen. Er betont jedoch, dass sich die Investition auf jeden Fall rechnet, wenn man die sich eröffnenden Möglichkeiten betrachtet, wie zum Beispiel die Komplettbearbeitung, die Einsparungen an Werkzeugkosten sowie die Vorteile hinsichtlich Produktivität und Stückkosten. Carsten Bergmann verrät: »Ich kenne Kunden, die von der Amortisation ihrer Pinole innerhalb eines Jahres berichten.«

Für alle Interessenten weist der Produktmanager darauf hin, dass im Starrag-Werk Chemnitz zurzeit die neue H-Baureihe nach oben erweitert wird um die Modelle Heckert H95 und H105: »Die Heckert H95 wird die bisherige Kompaktmaschine Heckert HEC 800 ersetzen. Wir zeigen diese Maschine auf der EMO 2023, ausgestattet mit einer 125er-Pinole.«