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Adieu Delphi, hallo Klarheit: OEE sorgt für Durchblick

In der Antike fragten Ratsuchende das Orakel von Delphi, um die Nebel der Zukunft zu lichten. Die Experten des TechCenters Immendingen setzen dagegen auf die Analyse der Gesamtanlageneffektivität (OEE – Overall Equipment Effectiveness), wenn es um zukunftssichere Produktionslösungen für die Medizinbranche geht.

Im Zeitalter der Präzision und der Innovation ist paradoxerweise die Ungewissheit die grösste Herausforderung für Zulieferer der Medizinbranche«, stellt Michael Paulus, Head of TechCenter Immendingen von Starrag Vuadens, bei Kundengesprächen fest. »Wie kann ich sicher sein, dass die Maschine, die ich heute kaufe, nicht schon morgen veraltet ist und mich ineffizient arbeiten lässt?«, so die Interessierten.

Das betrifft besonders die Hersteller von Medizinprodukten, die höchste Genauigkeit und Zuverlässigkeit fordern. Paulus: »In der Medizintechnik können selbst geringste Abweichungen schwerwiegende Folgen haben. Unsere Kundschaft erwartet daher Maschinen, die nicht nur präzise, sondern auch äusserst zuverlässig arbeiten.« Die Herausforderung bestehe nun darin, diese Präzision in einem Produktionsumfeld zu gewährleisten, das zunehmend von schnellen Marktveränderungen und hohen Flexibilitätsanforderungen geprägt ist.

»Unter diesem Gesichtspunkt befasst sich der Starrag-Produktbereich Bumotec mit der Frage der Gesamtanlageneffektivität (OEE)«, erklärt Paulus. OEE steht für »Overall Equipment Effectiveness« und dient den Bumotec-Fachleuten als wichtige Leistungskennzahl zum Bewerten der Produktivität und Effizienz von Geräten und Maschinen.

OEE: im operativen Alltag bewährt

»OEE ist in der täglichen Betriebsführung eine präzise Kennzahl, da es die tatsächliche Nutzung der Maschinen während der geplanten Produktionszeit bewertet«, erläutert Paulus. »Damit können wir gezielt Ineffizienzen und Verlustquellen innerhalb der operativen Produktionszeiten identifizieren und beheben, um die Effizienz und Rentabilität zu steigern«, ergänzt René Benninger,

Alle Teile werden in einem Durchgang gefertigt und vollständig entgratet – Rüst- und Wartezeiten in der Weiterverarbeitung entfallen.

Business Development Manager Medtech bei Starrag Vuadens SA. OEE bietet eine umfassende Bewertung, indem es drei Hauptfaktoren berücksichtigt: Verfügbarkeit, Leistung und Qualität. Verfügbarkeit beschreibt den Prozentsatz der Zeit, in der die Ausrüstung während der geplanten Produktionszeit für die Bearbeitung verfügbar ist. Eine höhere Verfügbarkeit bedeutet minimale Ausfallzeiten und optimale Auslastung der Geräte.

Die Leistung bewertet, wie effizient das Gerät im Betrieb arbeitet – im Vergleich zu seiner maximal möglichen Geschwindigkeit. Paulus: »Langsame Zykluszeiten und kleinere Ausfälle verringern die Leistung und die Gesamtproduktivität. Eine höhere Leistung zeigt an, dass das Gerät näher an seinen maximalen Möglichkeiten arbeitet.« Der Erfolg steht und fällt mit dem dritten Faktor: der Qualität. Denn sie misst den Anteil der den Qualitätsstandards entsprechend hergestellten Produkte im Vergleich zur Gesamtproduktion. Sie berücksichtigt Fehler, Nacharbeiten und Ausschuss. Hohe Qualität beweist, dass der Hersteller den Prozess effektiv kontrolliert und die festgelegten Qualitätsstandards einhält. Bumotec spürt durch die Analyse typische Probleme auf und entwickelt so gezielt Strategien zum Verbessern der Gesamtleistung.

» Mit einem OEE-Prozess können wir gezielt Ineffizienzen und Verlustquellen innerhalb der operativen Produktionszeiten identifizieren und beheben, um die Effizienz und Rentabilität zu steigern.«

René Benninger, Business Development Manager Medtech

100 % im Visier

Zur Berechnung der OEE werden die drei Hauptfaktoren – Verfügbarkeit, Leistung und Qualität – miteinander multipliziert. Das Endergebnis ist ein Prozentwert. 

Paulus: »Ideal wären 100 %, denn sie stehen für eine perfekte Leistung, bei der die Ausrüstung mit maximaler Verfügbarkeit, Geschwindigkeit und Qualität ohne Unterbrechungen oder Mängel arbeitet.«

Die acht grossen Verlustkategorien in der Produktion sind: Verfügbarkeitsverlust durch Geräteausfälle, Materialengpässe und Stopps; Leistungsverlust durch Maschinenverschleiss, minderwertige Materialien und Personalmangel sowie Qualitätsverlust durch Ausschuss und Nacharbeiten. Paulus: »Alle diese Verluste können vom Anlagenhersteller beeinflusst werden.« Bumotec fokussiert sich auf die Optimierung von Rüstzeiten und die Minimierung von Produktionsausschuss.

Maulteile von der Stange: effizienter zerspanen dank Rüstzeitensenkung

Wie sich Rüstzeiten senken lassen, zeigt ein Beispiel aus der Praxis eines Starrag- Kunden. Der Zulieferer fertigt Maulteile in verschiedenen Grössen und Ausprägungen aus einheitlichem Edelstahl, direkt ab Rundmaterialstange: Das ermöglicht stabile Spannung und macht den Einsatz von Paletten überflüssig. Alle Teile werden in einem Durchgang gefertigt und vollständig entgratet – Rüst- und Wartezeiten in der Weiterverarbeitung entfallen.

Das einheitliche Rohmaterial führt zu einem hohen Späneanfall, der sich dank einer robusten Fertigungslösung mit Hochdruckspülung problemlos bewältigen lässt. Ein effizientes Programm- und Werkzeugmanagement sowie eine angepasste Fertigteilabfuhr sorgen für einen reibungslosen Betrieb. Der Werkzeugwechsel erfolgt während der Produktion, kritische Masse werden adaptiv gefertigt und im Prozess gemessen.

Paulus: »Durch diese Massnahmen konnten wir die Effizienz erheblich steigern und die Rüstzeiten signifikant reduzieren.« Ähnlich gingen die Fachleute auch bei einem anderen herausfordernden Anwendungsfall vor: Der Kunde zerspant ein sehr vielfältiges Teileportfolio von Losgrösse eins bis zur Serie aus unterschiedlichsten Werkstoffen und in diversen Ausführungen. Das erfordert eine besonders flexible Maschinenkinematik mit leichter Umrüstbarkeit, dank der sich die Bearbeitungszentren ohne grossen Aufwand an verschiedene Produktionsanforderungen anpassen lassen.

Bumotec fokussiert sich auf die Optimierung von Rüstzeiten und die Minimierung von Produktionsausschuss.

Teamwork senkt Produktionsausschuss

OEE hat sich auch in Bezug auf den Produktionsausschuss in der Praxis mehrfach bewährt. Die Feinheiten machen dabei oft den entscheidenden Unterschied aus. Dazu gehören ein effektives Spänemanagement und eine kontinuierliche Rohmaterialzufuhr, etwa durch ein Stangenmagazin. Diese Massnahmen sorgen für einen prozesssicheren Dauerbetrieb und minimieren ungeplante Stillstände. Die Zusammenarbeit zwischen Maschinenherstellern und Kundschaft ist hier von zentraler Bedeutung. »Nur durch einen engen Austausch können wir sicherstellen, dass die spezifischen Anforderungen erfüllt werden und die Produktionsprozesse optimal laufen«, erklärt Paulus.

Ein ebenso wichtiges Element im OEEProzess ist der Kundendienst – nicht nur vor, sondern vor allem auch nach dem Kauf. Eine massgeschneiderte Beratung beim Verkauf sorgt dafür, dass die richtige Maschine für die jeweiligen Anforderungen ausgewählt wird. Die mit dieser Entscheidung »erworbene« Prozesssicherheit lässt sich aber erheblich erhöhen, wenn der Anlagenhersteller den Anwender in allen Situationen bei Prozessen unterstützt. Der Kundendienst spielt daher eine zentrale Rolle – von der richtigen Beratung bis hin zur vorausschauenden Wartung und der frühzeitigen Erkennung von möglichen Störungen, um Ausfallzeiten zu reduzieren und die Gesamtproduktivität zu steigern.

» Die Grundgenauigkeit von Kundenprodukten ist gestiegen und bleibt konstant auf hohem Niveau.«

Michael Paulus Head of TechCenter Immendingen

Resümee: mehr Zeit für effektive Geschäftsführung dank OEE

Die Vorteile eines gelungenen OEE-Prozesses sind enorm. Durch die kontinuierliche Produktion über Nacht und am Wochenende wird eine maximale Auslastung erreicht, selbst bei kleinen Losgrössen. Die hergestellten Sets werden sofort weiterverarbeitet, folglich sind die Durchlaufzeiten erheblich reduziert. Die Kosten für Betriebsmittel sind mittlerweile minimal, da kaum noch Spannzangen, Paletten und Vorrichtungen nötig sind.

»Die Grundgenauigkeit von Kundenprodukten ist gestiegen und bleibt konstant auf hohem Niveau«, betont Paulus. Die Materiallogistik fällt heute kaum ins Gewicht. Benninger: »Durch die Verwendung von Stangenmaterial entfällt der Bedarf an Zuschnitten, was den Produktionsprozess vereinfacht und die Materialhandhabung effizienter macht.« Ein positiver Nebeneffekt: Auch der Personalaufwand sinkt.

Bei der Kundschaft kommt der OEE-Prozess ebenfalls gut an. Paulus: »Ein mittelständischer Anwender nannte uns kurz und knapp die Vorteile eines gelungenen OEE-Prozesses: ›Am Morgen lege ich Material nach, rüste eventuell ein paar Werkzeuge und kann mich dann den ganzen Tag auf die Geschäftsführung konzentrieren.‹ Das beweist: Ein optimal angewandter OEE-Prozess steigert nicht nur die Effizienz und Produktivität, sondern senkt auch die Betriebskosten und stellt die Qualität sicher.«

Bumotec 191neo … Performance has a future