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Eine Aufgabe mit T&I-Profi

Interview mit Dr.-Ing. Eberhard Schoppe, Geschäftsführer der Heckert GmbH, Chemnitz (Mitglied der Schweizer Starrag Group) Das Interview führte Nikolaus Fecht, Fachjournalist aus Gelsenkirchen

Kundenwunsch: Flexible »Tausendsassas« Gefragt sind bei den Kunden der Werkzeugmaschinenindustrie flexible Tausendsassas, die auch in der Fabrik der Zukunft mit möglichst geringem Energieaufwand komplexe Teile in einer Aufspannung herstellen: Wie sich dieser Trend auf der von ihm geleiteten operativen Geschäftseinheit »Transportation & Industrial Components« (T&I) auswirkt, erläutert Dr.-Ing. Eberhard Schoppe, Geschäftsführer der Heckert GmbH aus Chemnitz.

Dr. Eberhard Schoppe (1955) ist seit 1. Januar 2015 verantwortlich für die Business Unit Transportation & Industrial Components, welche mit den Marken Heckert und WMW die Marktsegmente Heavy Duty Vehicles & Engines, On-Road Vehicles und Industrial Components bearbeitet. Davor war er seit 2004 verantwortlich für die damalige Business Unit 2 in Chemnitz. Dort war er seit 1999 Mitglied der Geschäftsleitung als Leiter Technik und Produktion und vorher seit 1994 in der Produktionsplanung sowie im Auslandsvertrieb. Zuvor war er als technischer Leiter bei einem anderen international tätigen Werkzeugmaschinenhersteller tätig. Herr Dr. Eberhard Schoppe ist Dipl.-Ing. Maschinenbau TU Chemnitz.

Herr Dr. Schoppe, was zeichnet die typischen Kunden der Geschäftseinheit »Transportation & Industrial Components « aus, was stellen diese her?

Dr. Schoppe: Transportation deckt alle Anwendungsfälle von Bauteilen ab, deren Endprodukte auf der Straße, auf der Schiene, im Gelände und auf dem Wasser unterwegs sind. Zu den typischen Werkstücken zählen Motoren und Getriebeteile für die Personen- und Nutzfahrzeugindustrie. Die Industrial Components umfassen hingegen kubische Bauteile und Baugruppen komplexer technischer Erzeugnisse. Zu den Referenzteilen gehören Getriebegehäuse für Windkraftanlagen, Verdichtergehäuse für Kompressoren, Gehäuseteile für Werkzeugmaschinen oder Textilmaschinen sowie Gehäuse für die Feinwerktechnik. Die Teilevielfalt der verschiedenen Endanwender ist nahezu unerschöpfl ich.


Welche Mitgliedsfi rmen der Starrag Group arbeiten in dieser Geschäftseinheit, wo sehen Sie die Stärken der jeweiligen Firma?

Dr. Schoppe: Zu der Geschäftseinheit T&I gehören die Heckert-Fabrik in Chemnitz und das Starrag Werk in Bangalore in Indien, in denen Komplettleistungen für die Anwendungsfälle für die jeweiligen Marktsegmente entstehen. Wir liefern nicht nur die Maschinen, sondern bieten umfassende, technologische Lösungen an: von der Erarbeitung kundenspezifi scher Fertigungstechnologien bis hin zur individuellen Planung von Produktionsabschnitten. Im Mittelpunkt steht die Integration von Systemkomponenten. Dazu zählen unter anderem Werkstückspeicherung und -handling, Waschmaschinen, Messstationen, Montagetechnik, Werzeugauswahl und die Bereitstellung von Vorrichtungen. Mit seinem durchgängigen Sortiment – von kleinen Maschinen ab Palettengröße 400 mm × 400 mm bis hin zu Großbearbeitungszentren mit Palettenausmaßen von 2.500 mm – ist Heckert ein Premiumanbieter mit einem zunehmenden Anteil an kompletten Turnkey- Lösungen aus einer Hand. Produktivität und Langzeitgenauigkeit stehen bei höchster Präzision im Vordergrund. Neben der 4-Achs-Bearbeitung steigen die Bedarfsfälle der Komplettbearbeitung mit 5-achsiger Maschinenauslegung. Starrag India konzentriert sich mit ihrer Produktbaureihe in erster Linie auf den indischen Markt im genannten Anwendungsgebiet. Hier stehen ebenso Produktivität, aber auch die ausgeprägte Preisorientierung im Vordergrund.
 

Wo gibt es Gemeinsamkeiten bei der Transportbranche und den Herstellern von Industriekomponenten, wo unterscheiden sie sich?

Dr. Schoppe: Für uns steht die Bearbeitung von kubischen Werkstücken im Vordergrund. Dabei spielt der unmittelbare Anwenderfall »Transport « oder »Industrial Components« nicht das wesentliche Unterscheidungskriterium. In beiden Fällen sind die geringsten Herstellkosten, höchste Verlässlichkeit und Präzision gefragt. Unterschiede zwischen Anwendungen im Transportbereich und den Industriekomponenten bestehen vor allem im Seriencharakter. Die Stückzahlen im Transportbereich fallen in der Regel wesentlich höher aus. Außerdem besteht hier eine wachsende Nachfrage nach Automatisierungslösungen, peripheren Einrichtungen, Messtechnik und Montageeinrichtungen. Die Anforderungen steigen auch durch das sogenannte Turnkey-Geschäft.

Wie sieht es bei den »Industrial Components« aus?

Dr. Schoppe: Hier geht es in der Regel um kleinere Stückzahlen je Kundenwerkstück: Gefragt sind daher kundenspezifi sch ausgelegte Maschinen. Wir entsprechen diesen Anforderungen mit unserer modularen HEC-Maschinenbaureihe, die sich mit kundenspezifi schen Lösungen ergänzen lassen. Die IWK-Baureihe von Starrag India weist dagegen eine strikte Standardisierung auf und eignet sich vor allem für die typischen Referenzteile in diesem Segment. Es handelt sich dabei um 4-Achs-Maschinen, die – ausgelegt auf die Bedürfnisse des indischen Marktes – eine weitgehend komplette Neuentwicklung darstellen.

Die Transportbranche ist geprägt von neuen Antriebskonzepten (Stichwort: E-Antrieb) und vom Trend zum Leichtbau mit neuen Materialien und Werkstoffverbünden. Wie wirken sich diese Trends auf die Werkzeugmaschinen Ihrer Geschäftseinheit aus?

Dr. Schoppe: Bei den Kundenwerkstücken gibt es einen klaren Trend zur Bauteilintegration: Die Hersteller haben früher einzelne Bauteile zu einer Baugruppe zusammengefügt. Heutige Serienbauteile fallen im Transportbereich deutlich komplexer aus. Diesem Trend entsprechen wir mit der 5-Achs-Ausführung der HEC-Baureihe, mit der sich fünf Seiten eines Werkstücks in einer Aufspannung bearbeiten lassen. Dazu gibt es die HEC-Baureihen in U5-Ausführung, mit einer fünften Achse im Spindelkopfbereich, und in X5-Ausführung mit einem Schwenktisch auf der Werkstückseite. Die zusätzliche Integration von Drehfunktionen verwandelt schließlich eine typische Bohr- und Fräswerkzeugmaschine von Heckert in ein Zentrum für Komplettbearbeitung, das wegen der reduzierten Anzahl an Spannlagen den Fertigungsaufwand deutlich senkt und die Werkstückgenauigkeit ohne zusätzliches Ausrichten erhöht. Nicht unerwähnt sollte die umfassende Technologieofferte der Starrag Group im Bereich Transportation und Industrial Components bleiben. So umfasst dieses Marktsegment neben der Bearbeitung kubischer Teile auch die vollständige rotatorische Bearbeitung von Bauteilen wie etwa die Bearbeitung von Eisenbahnrädern.

»Im Jahr 2020 sind wir der bevorzugte Partner für Kunden in unseren Marktsegmenten und Applikationsgruppen«

Ein Hype-Thema quer durch alle Branchen lautet Industrie 4.0. Ist auch Ihre Geschäftseinheit von der vierten industriellen Revolution betroffen?

Dr. Schoppe: Industrie 4.0 ist ein echtes Hype-Thema. Dabei sehe ich es weniger als industrielle Revolution, sondern als schnelle Evolution mit dynamischem Innovationsprozess an: Hard- und Software entstehen mit einem Innovationstempo, mit dem der integrierte Intelligenzgrad unserer Bearbeitungszentren und der beteiligten Fertigungssysteme vehement steigt. Eine wesentliche Herausforderung ist die Gestaltung der Schnittstellen: Die Kommunikation muss nicht nur innerhalb einer Bearbeitungsoder Handlingseinheit funktionieren, sondern vor allem auch zwischen ihnen. Ebenso gilt es, Produktionsplanungs- und Steuerungssysteme zu integrieren. Die Vernetzung des gesamten Produktionssystems erfordert daher einen gesamtheitlichen Ansatz, der sich zurzeit aufgrund der Varianz der Systeme nur schwer erreichen lässt. Ungünstig wirkt sich der nach wie vor ungebrochene Trend zu immer umfassender werdenden Lastenheften auf Kundenseite aus. Komplexere Fertigungssysteme und die Vielzahl an möglichen Lösungen erschweren die rasche und vor allem kostengünstige Umsetzung in Richtung Industrie 4.0. Hier wird noch einige Zeit ins Land gehen, bis sich Standards herausgebildet haben, die aber wegen des Kostendrucks kommen müssen.
 

Wie sieht es mit der Standardisierung innerhalb Ihrer Geschäftseinheit aus?

Dr. Schoppe: Es ist ja die Rede davon, dass Heckert, Scharmann und Starrag in Kürze einen Modulbaukasten für die großen Bearbeitungszentren einführen wollen. Das trifft zu. Wir haben eine ganze Reihe von unterschiedlichen Varianten etwa bei den Spindel- und Fräsköpfen, die ihre Stärken in den verschiedenen Marktsegmenten ausspielen. Wir wollen mit einem einheitlichen Modulbaukasten eine Vielzahl von Kombinationsmöglichkeiten bieten. Viele unserer Baugruppen wie etwa die Betten und Ständer sind ähnlich, bei denen es sinnvoll ist, diese abzugleichen und so für Modularität zu sorgen. Im Kommen sind adaptive Systeme wie unser Turmmagazin, das als Ergänzung auch bei Starrag und Scharmann zum Einsatz kommt. Beim Modulbaukasten gehen wir noch einen Schritt weiter, in dem wir ähnliche Baugruppen vereinheitlichen. Aber es wird auch da eine besondere Stufung in der Modularität geben. Es wird also nicht das Einheitsbett geben, sondern eine ganze Reihe von Bettvarianten innerhalb des Modulbaukastens. Aber die Identität unserer unterschiedlichen Marken bleibt erhalten, das Ziel sind keine Einheitsmaschinen, denn das würde Kompromisse bedeuten. Es sollen also weiterhin auf das jeweilige Marktsegment zugeschnittene Maschinen sein, bei dem wir unter dem Motto »Vielfalt statt Einfalt« auf einen defi nierten Baukasten zurückgreifen. Ich gehe sogar davon aus, dass sich die Vielfalt noch erhöhen wird, weil wir neue Möglichkeiten erschließen.


In Ihrem Kundenmagazin ist die Rede von neuen Wegen bei der Produktion der Maschine?

Dr. Schoppe: Wir haben unseren Produktionsprozess aus mehreren Blickwinkeln analysiert. Aufbauend auf ein von »unten nach oben« gerichtetes Shop-Floor-Management folgte die klare Defi nition der Prozessstufen innerhalb unserer Produktion. Ein weiterer Schritt in Richtung »Production Excellence« bildete die Einführung der 5S-Methode. Weiterführend werden wir jede Prozessstufe – insbesondere im Montageprozess – den Kriterien des »Lean Managements« unterziehen, so dass wir unsere Ziele der Produktivitäts- und Effektivitätsoptimierung erreichen. Wir sprechen dann von der »Production Excellence«. Dies geschieht immer vor dem Hintergrund der Kundenbedürfnisse und des Wettbewerbsvergleiches.
 

Bitte ein Blick in die Zukunft: Wie steht Ihre Geschäftseinheit in fünf Jahren da?

Dr. Schoppe: Im Jahr 2020 sind wir der bevorzugte Partner für Kunden in unseren Marktsegmenten und Applikationsgruppen. Wir bieten Einzelmaschinen und Systeme exakt so konfi guriert, dass die Kunden ihre Ziele hinsichtlich Profi - tabilität, Sicherheit und Wachstum optimal erreichen können.