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Aero Structures Technology Days 2018 - Neue Fertigungslösungen für Strukturbauteile

Schon seit Jahren steigen in der Aerospace-Industrie die Umsätze. Um den Bedarf an Flugzeugkomponenten decken zu können, sind Hersteller und Zulieferer permanent gefordert, ihre Produktionsmittel und -strategien auf den Prüfstand zu stellen und nach neuen, noch produktiveren Fertigungslösungen zu suchen. Eine Inspirationsquelle waren die Aero Structures Technology Days 2018, die Starrag gemeinsam mit Kennametal am 23. und 24. Januar veranstaltete.

160 Teilnehmer aus 45 verschiedenen Unternehmen und insgesamt 16 Ländern folgten dem Ruf nach Rorschacherberg am Bodensee. Es kamen Kunden aus Asien, Amerika und Europa, von Flugzeugherstellern wie Boeing, Airbus und Pilatus sowie von zahlreichen kleinen und grossen Zulieferunternehmen. Ihr Antrieb: ein Update bezüglich modernster Produktionsmöglichkeiten für Strukturbauteile zu erhalten. Ihre Fragen: Wie optimieren wir die Stückkosten? Wie sichern wir die hohe Qualität der Bauteile? Wie reduzieren wir unsere Bearbeitungszeiten?

Starrag und Kennametal hatten praktische Antworten parat. Schliesslich gehört für die Starrag, einen der technologisch weltweit führenden Hersteller von Präzisions-Werkzeugmaschinen, die Aerospace-Industrie zu den wesentlichen Abnehmermärkten. Und auch für den international renommierten Werkzeughersteller Kennametal zählen die Unternehmen der Luft- und Raumfahrt zu den Kernzielgruppen.

»Wir arbeiten schon sehr lange zusammen und haben viele gemeinsame Projekte für Strukturbauteile bestritten«, hebt Dr. Norbert Hennes, Leiter der Starrag Business-Unit »Aerospace & Energy«, hervor. »Insofern ist Kennametal ein idealer Partner, um unsere Aero Structures Technology Days auszurichten.« Schliesslich gehe es nicht darum, Starrag-Maschinen zu zeigen, sondern funktionsfähige Lösungen vorzustellen, die den Anwender produktiver machen.

Branchentreff bei Starrag in Rorschacherberg: Es kamen Kunden aus Asien, Amerika und Europa, um sich bezüglich modernster Produktionsmöglichkeiten für Strukturbauteile updaten zu lassen.

Dr. Norbert Hennes, Starrag: »Bei unseren Aero Structures Technology Days geht es nicht darum, Starrag Maschinen zu zeigen, sondern funktionsfähige Lösungen vorzustellen, die den Anwender produktiver machen.«

»Jede Werkzeugmaschine benötigt ein Werkzeug, und umgekehrt funktioniert kein Werkzeug ohne Maschine«, stimmt ihm Laurent Bigot, Vice President Sales & Marketing Industrial EMEA bei Kennametal Europe, zu: »Den Herausforderungen der Luftfahrtbranche begegnet man am besten in Partnerschaft mit einem Unternehmen wie Starrag. Ich bin überzeugt, dass wir für viele Anforderungen die besten Werkzeuge bieten, so wie Starrag ideale Maschinenlösungen im Programm hat.Wie der Kunde von unserem Zusammenspiel profitieren kann, demonstrieren wir hier gemeinsam in zahlreichen Anwendungen.«

Dr. Norbert Hennes

Auf einer Starrag LX 051 kann die Triebwerksaufhängung aus Inconel in einer Aufspannung fertig bearbeitet werden.

Neue Wege in der Zerspanung

Vorführungen an sieben Stationen berücksichtigten die grosse Bandbreite der Strukturbauteilefertigung: verschiedene Materialien wie Aluminium, Titan und Superlegierungen, kleine und grosse Bauteile und Serien. Im Doppelpass-Spiel stellten Starrag und Kennametal die Herausforderungen der jeweiligen Aufgabe dar und erklärten ihre gemeinsam erarbeitete Lösung – inklusive aller Prozessdaten und der klaren Darstellung der Optimierungspotenziale. Ergänzend gab es einen Partnerstand, an dem KSS-Lieferant Blaser und die Haimer GmbH, Spezialist rund um die Werkzeugspannung, ihre Produkte präsentierten.

Zu den Highlights zählte zweifellos der neue Weg, den Starrag und Kennametal beschreiten, um eine Triebwerksaufhängung aus Inconel zeitsparend zu bearbeiten. Es beginnt bei der Wahl des Bearbeitungszentrums LX 051 und der Aufspannung auf einem Dreh-Schwenktisch, wodurch sich die Zahl der Aufspannungen von bisher vier auf eine einzige reduzieren lässt. Für die effektive Zerspanung des Schmiederohlings mit 10 bis 40 mm Aufmass sorgen Fräswerkzeuge mit Keramikschneiden und aus Vollhartmetall. Das Ergebnis ist beeindruckend: Anstatt einer bisherigen Bearbeitungszeit von etwa 50 Stunden ist das Bauteil nun in 13,9 Stunden fertig geschruppt und geschlichtet.

Wie effiziente Titanbearbeitung aussehen kann, bekamen die Teilnehmer an drei Stationen demonstriert. Erstens überzeugten entsprechend ausgelegte Kennametal-Werkzeuge im Leistungsschnitt (beim 2D-Schruppen mit einer Abtragsrate von 495 cm3/min und beim 5-Achs-Schruppen mit 288 cm3/min). Zum Zweiten sorgte das effiziente Fräsen einer Tasche mit Hinterschnitt für Aufmerksamkeit. Kernelement: der kompakte Schwenk-Fräskopf einer STC 1250, der eine Bearbeitung mit kürzeren und damit stabileren Werkzeugen ermöglicht.

Doppelpass zwischen Starrag und Kennametal: Die Teilnehmer erhielten detaillierte Informationen zu Prozessen, Maschinen und Werkzeugen – hier betreffend effizienter Titanbearbeitung.

Auf besonders grosses Interesse stiessen die neuen, modular aufgebauten ECOFORCE Ti 9/13-Bearbeitungszentren, die hinsichtlich Leistungsfähigkeit und Grösse derzeit nahezu konkurrenzlos sind. Die Auswahl an Horizontalpaletten (von 4.000 × 1.000 mm bis zu 8.000 × 2.500 mm für Lasten von 5.000 bis 12.000 kg) ermöglicht die Zerspanung grosser Titan-Strukturbauteile. Für effizientes Schruppen und Schlichten sorgt die besonders im Vergleich zu Motorspindeln um Faktoren steifere Getriebespindel mit maximal 8.000 min-1 Umdrehungen und 940 Nm S1 Drehmoment bzw. 5.600 min-1 Umdrehungen und 1.300 Nm S1 Drehmoment. Im Zusammenwirken mit den passenden Kennametal-Werkzeugen profitiert der Anwender von für Titan enormen Zerspanungsraten von bis zu 750 cm3/min.

Wiederholbare Zerspanungsraten von über 12.000 cm3/min – allerdings in Aluminium – verspricht die neue 150-kW-Ecospeed-Spindel, die bei gleichen geometrischen Abmassen die bewährte 120-kW-Ecospeed-Spindel (82 Nm, 30.000 min-1) ersetzen kann. Sie kommt sowohl im neuen Bearbeitungszentrum STC 800 X als auch im parallelkinematischen Bearbeitungskopf Sprint Z3 der Ecospeed-Maschinen zum Einsatz.

Als Beispiel, wie Starrag seinen Claim »Engineering precisely what you value« umsetzt, gilt das vielseitige 5-Achs-BAZ STC 800 X, das die Ecospeed-Serie nach unten abrundet. Bei den Aero Structures Technology Days bewies die STC 800 X in Live-Vorführungen, warum sie inzwischen als Referenzlösung für Aluminiumteile bis 1.400 mm gilt. Der auf höchste Dynamik optimierte Aufbau und kürzeste Span-zu-Span-Zeiten gewährleisten hohe Produktivität. Für Flexibilität sorgt unter anderem das für bis zu 465 Werkzeuge ausgelegte Werkzeugmagazin.

 

Dr. Bernhard Bringmann, Starrag: »Immer mehr Kunden fordern von uns intelligente FFS-Systeme.«

Der Schritt in eine neue Fertigungsdimension

Durch wachsende Seriengrössen sowie den Wunsch nach automatisierter Produktion und gesicherter Qualität erfreuen sich Flexible Fertigungssysteme steigender Beliebtheit. Bereits seit über 25 Jahren entwickelt Starrag solche sogenannten FFS (Flexible Fertigungssysteme) und übernimmt die Verantwortung für alle Elemente und den gesamten Prozess – von Maschinen, Vorrichtungen und Werkzeugen über das automatische Rüsten und Handling der Werkstücke mittels Roboter bis zum Leitrechner.Wie komplex die Aufgabenstellungen sein dürfen, demonstrierte in Rorschacherberg ein FFS, das nach seiner Auslieferung jährlich rund 35.000 aus Inconel oder Titan geschmiedete Turbinenschaufeln vollautomatisiert komplett bearbeiten wird.

Aber auch für Gehäuse, Flügelprofile und Strukturbauteile entwickelt und installiert Starrag weltweit kundenspezifische FFS. Ein Live-Beispiel lieferte der zweite Technologietag, an dem die Pilatus Flugzeugwerke AG den Teilnehmern einen Blick in ihren hochmodernen Flugzeugbau gestattete. Pilatus entwickelt und baut in Stans (Kanton Nidwalden) Flugzeuge, die in alle Welt geliefert werden: vom meistverkauften einmotorigen Turbopropflugzeug PC-12 bis hin zum PC-24, dem weltweit ersten Business Jet, der auf kurzen Naturpisten operieren kann.

Mit der Marktreife der PC-24 hat die benötigte Produktionskapazität einen neuen Höhepunkt erreicht und Konsequenzen ausgelöst. Da der neue Business Jet, wie auch alle anderen Pilatus Flugzeuge, von der Nase bis zur Heckflosse und den Flügelenden aus zahlreichen Aluminium-Strukturbauteilen besteht, fassten die Verantwortlichen den Entschluss, die Grossteilezerspanung auf neue Füsse zu stellen. Pilatus installierte für Aluminium-Strukturbauteile zwischen 750 und 4.000 mm Länge ein Starrag FFS mit zwei identisch ausgerüsteten Ecospeed-F-2040-Bearbeitungszentren und steigerte die Produktionskapazität gegenüber der früheren Lösung erheblich.

Das Thema der von Starrag und Kennametal ausgerichteten Aero Structures Technology Days 2018: Wie lassen sich Strukturbauteile noch produktiver fertigen?

Zum Lieferumfang der Starrag gehörten die Projektierung und das Engineering des gesamten FFS, das neben den Bearbeitungszentren auch ein Palettenhandling mit 16 Paletten in den Massen 2.000 × 4.000 mm enthält. Ausserdem verfügt die Anlage über zwei Rüststationen mit Kipptischeinrichtung zur horizontalen Beladung. Ein ebenfalls von der Starrag entwickelter und gelieferter Fertigungsleitrechner unterstützt die hochautomatisierte Produktion, indem er das Zusammenspiel des Maschinen-Duos mit den Paletten- und Rüststationen steuert. Zudem werden alle Fundamentarbeiten schlüsselfertig seitens Starrag durchgeführt.

Dr. Bernhard Bringmann, Managing Director am Starrag Standort Rorschacherberg, erklärt: »Immer mehr Kunden fordern von uns solche intelligenten FFS-Systeme.« Ein Neukunde, den das Starrag Konzept überzeugte, ist der Keynote-Speaker der Veranstaltung, Charlie Newell, CEO von Orizon Aerostructures. Sein Unternehmen produziert und liefert grosse, komplexe Metall-Strukturbauteile und Hauptbaugruppen an führende Flugzeugzellenhersteller.

Für eine neue Produktionsstätte orderte er ein FFS mit insgesamt sieben verketteten Ecospeed-F-2060- Bearbeitungszentren, das F steht für festen Ständer und 2060 für eine Palettengrösse von 2.000 × 6.000 mm. »Das Fertigungssystem wurde von uns komplett geplant und mit unserer Zellenrechnerarchitektur ausgestattet«, erwähnt Bernhard Bringmann. »Es dauerte nur 18 Monate vom Auftragseingang bis zur Lieferung der letzten Maschine im Dezember 2017.« Charlie Newell bestätigte in seiner Rede nicht nur die technische Kompetenz der Starrag, er wies noch auf einen weiteren, für ihn wichtigen Faktor hin: »Der Teamgedanke spielt in unserer Firmenphilosophie eine bedeutende Rolle. Daher freuen wir uns, in Starrag einen Geschäftspartner gefunden zu haben, der nicht nur Maschinen liefert, sondern uns in enger Zusammenarbeit auch hinsichtlich Anwendungstechnik und Programmierung unterstützt.«