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Der FFS-Funke zündete in Korea

Es ist eine nicht enden wollende Erfolgsstory: Die Rede ist von den Ecospeed-Bearbeitungszentren, die sich dank ihres parallelkinematischen Bearbeitungskopfes Sprint Z3 vor allem beim hochdynamischen simultanen 5-Achs-Fräsen von sehr anspruchsvollen Aluminium-Grossbauteilen von Flugzeugen bewährt haben. Doch gemeinsam geht’s noch besser, sagte sich Starrag, und verkettet ebenso erfolgreich Ecospeed-Bearbeitungszentren zu höchstproduktiven flexiblen Fertigungssystemen (FFS). Wie Starrag die Erfolgsstory unter dem Kennzeichen FFS fortschreibt, erklärt Alfred Lilla, Sales Director Aero Structures.

Alfred Lilla, Sie gelten als der Mr. Ecospeed, weil Sie vor fast 20 Jahren bei der Geburt des damals revolutionären parallelkinematischen Bearbeitungskopfes dabei waren und weil Sie kräftig an der Weiterentwicklung der Ecospeed-Bearbeitungszentren mitgewirkt haben. Wie kommt ein Metallflugzeugbauer der früheren DaimlerChrysler Aerospace AG (DASA) aus Augsburg dazu, ein völlig neues Maschinenkonzept mit zu entwickeln?

Alfred Lilla: Im Jahr 2000 suchte ich als Leiter der NC-Programmierung bei der DASA, der späteren EADS, zusammen mit Betriebsingenieur Helmut Färber eine völlig neue Maschinentechnologie zum hochproduktiven Zerspanen der hochkomplexen Strukturbauteile für das Rumpfmittelteil des Eurofighters. Weil es aber auf dem Markt keine geeigneten effektiven Maschinen gab, entwickelten wir gemeinsam mit der DS Technologie Werkzeugmaschinenbau GmbH aus Mönchengladbach – heute ein Unternehmen der Starrag – eine HSC-Anlage mit horizontaler Parallelkinematik. Diese Erfindung erwies sich als sehr gutes Maschinenkonzept, das sich unter dem Begriff Ecospeed zum äusserst erfolgreichen Starrag-Produktbereich weiterentwickelt hat, weil es weltweit keine Werkzeugmaschine gibt, die in Sachen Performance mit ihr mithalten kann.
 

Aktuell 60 der insgesamt über 130 weltweit installierten Ecospeed-Anlagen arbeiten im Verbund als FFS. Wie kam es zu den 19 FFS, die sich in der Flugzeugindustrie im Einsatz befinden?

Alfred Lilla: Unser Stammkunde Korea Aerospace Industries – kurz KAI – hat seit 2009 insgesamt zwölf Werkzeugmaschinen des Typs Ecospeed für die Hochgeschwindigkeitsbearbeitung grosser Strukturbauteile aus Aluminium geordert. Für die Zerspanung von Flügelrippen bestellte KAI ein FFS mit neun Ecospeed F 2060, weil eine Analyse ergab, dass sie 30 % produktiver als verkettete Maschinen des Wettbewerbs arbeiten. Seit 2016 steht dort nun eines der weltweit grössten Ecospeed-FFS-Systeme mit neun Maschinen, vier Rüststationen, zwei Transportwagen und insgesamt 90 Paletten.
 

Wie beurteilt KAI heute die Performance dieser Linie?

Alfred Lilla: Sehr gut, denn die Südkoreaner bearbeiten nach eigenen Aussagen die Flügelrippen des Airbus A350 fünfmal schneller als auf vorherigen konventionellen Bearbeitungszentren. KAI stellt daher zusammen mit lokalen Zulieferern mittlerweile alle Airbus-A350-Flügelrippen auf Ecospeed her. Alles in allem entstehen derzeit mehrere hundert Flügelrippen pro Monat für diesen Flugzeugtyp. Doch nicht nur diese Performance ist beeindruckend, sondern auch die hohe Verfügbarkeit des FFS von 97 %. Laut Aussagen unserer Kunden ist die Ecospeed-Technologie damit deutlich weniger störanfällig als Maschinen mit Rundachsen (AC- oder AB-Kinematik). Performance und Zuverlässigkeit überzeugten schliesslich auch andere Kunden in Europa, den USA und China, in Ecospeed FFS zu investieren. Ausser den chinesischen Unternehmen CAC, Chengdu Aviation und AVIC Shengyang Aircraft, die zusammen vier FFS mit 20 Ecospeed F bestellten, interessierte sich zum ersten Mal ein amerikanischer Aerospace-Zulieferer besonders für unsere verketteten Lösungen.

»Industrie 4.0 ist für uns keine Zukunftsvision, sondern bereits Realität und sorgt hier für hohe Sicherheit und Effektivität in der Produktion.«

Konnten Sie ihn als Kunden gewinnen?

Alfred Lilla: a, es handelt sich um den Aerospace-Zulieferer Orizon Aerostructures, der bei der Übernahme eines Unternehmens erstmals eine Ecospeed F 2060 im Einsatz sah. Begeistert von der Performance nahm der Aerospace-Zulieferer die FFS-Lösung bei KAI unter die Lupe und entschloss sich dann spontan zum Bau einer neuen Produktionshalle mit sechs verketteten Ecospeed F 2060. Wir konnten nicht nur bei der schnellen Inbetriebnahme – es waren nur acht Monate – und der Performance punkten: So arbeitet das neue FFS laut Orizon 40 % schneller als vergleichbare vorhandene Maschinen. Daher orderte Orizon drei weitere Ecospeed F 2060, die 2019 in Betrieb gehen. Für dieses Investment in ein FFS mit neun Ecospeed spricht laut Orizon, dass es sich – bis auf eine jährliche kurze Produktionsunterbrechung von fünf Tagen – mit hoher Verfügbarkeit rund um die Uhr im Einsatz befindet. Die Besitzer des Unternehmens freuen sich, dass sie dank der neuen Maschinen die Produktionskapazität um mindestens 50 % erweitern können.

»Die Besitzer des Unternehmens freuen sich, dass sie dank der neuen Maschinen die Produktionskapazität um mindestens 50 % erweitern können.«

Kommt diese Technik nur für grosse Firmen infrage?

Alfred Lilla: In der Tat finden sich unter unseren FFS-Kunden viele grosse, namhafte Aerospace-Firmen. Die Bandbreite reicht jedoch vom Zulieferer Premium Aerotec, unserem grössten und ältesten Stammkunden mit insgesamt acht FFS und 20 Ecospeed, bis hin 
zum kleinen, aber feinen Schweizer Flugzeughersteller Pilatus, der ein FFS mit zwei Ecospeed F 2040 orderte. FFS eignen sich also auch für kleine und mittlere Firmen.
 

Wenn Sie auf die Erfolge in Sachen FFS zurückblicken: Welchen gemeinsamen Nenner haben alle Käufer von FFS – auch mit Blick auf den Starrag-Claim »Engineering precisely what you value«. Was schätzen FFS-Käufer besonders, worauf legen sie Wert?

Alfred Lilla: Die Kunden setzen vor allem auf Wachstum und Sicherheit. Wir kommen diesen Anforderungen mit einer deutlich höheren Produktivität nach, die wir mit durchschnittlichen Performancesteigerungen von 300 bis 500 % zu alten konventionellen Maschinen bzw. von 30  bis 40 % zu neuen Wettbewerbsmaschinen erfüllen, sowie einer dank robuster Technik extrem hohen Anlagenverfügbarkeit von > 96 %. Den meisten kommt es aber auch auf einen raschen Return on Investment an. Wir entsprechen diesem Wunsch, in dem wir dank schneller Lieferung und Inbetriebnahme für den schnellen, produktiven Einsatz der FFS sorgen. So ging Orizon davon aus, dass ihre neue FFS-Lösung innerhalb von nur acht Monaten nach dem »Letter of Intent« in Betrieb geht – was uns auch gelang. Dies trägt zu mehr Wachstum und Sicherheit bei.
 

Spielt im Lastenheft der Kunden die digitale Transformation schon eine wichtige Rolle, wie kommen Sie dem nach?

Alfred Lilla: Das beste Beispiel dafür steht in Korea bei KAI. Als Kernelement des FFS dient ein Leitrechner, der alle Prozesse überwacht. Er sorgt dafür, dass alles automatisch abläuft. Der Anwender muss nur die zu bearbeitenden Teile auf den Paletten aufspannen. Der Rest geschieht vollautomatisch. Der Leitrechner kontrolliert den gesamten Prozess – vom automatischen Beladen und Speichern des Rohmaterials bis hin zum Entladen der fertigen Bauteile. Dazu läuft das gesamte Management aller Daten und Ressourcen über den Leitrechner, der die Aufträge von dem übergeordneten ERP-System des Endkunden erhält. Der Leitrechner sorgt für digitale Transparenz in der Fabrik, denn er verwaltet zentral alle Informationen des FFS, die er bei Bedarf über Standardschnittstellen an übergeordnete EDV-Systeme weiterleitet. Industrie 4.0 ist für uns keine Zukunftsvision, sondern bereits Realität und sorgt hier für hohe Sicherheit und Effektivität in der Produktion.
 

Handelt es sich um eine massgeschneiderte Lösung, die sich nur grosse, solvente Kunden leisten können?

Alfred Lilla: Ja, es ist massgeschneidert. Wir setzen dabei auf unseren »Baukasten« Integrated Production System IPS, aus dem die Kunden à la carte ihre individuelle Industrie 4.0-Lösung auswählen. Nein, denn es kommt auch für mittelständige Zulieferer infrage: Starrag IPS dient als Plattform, auf der sich die Produktion – auf Wunsch schrittweise – automatisieren und digitalisieren lässt. IPS reicht von Einzelmaschinen, FFS bis hin zu kompletten Fertigungslinien. Im Gegensatz zu anderen Anbietern setzen wir übrigens bei allen wichtigen Komponenten auf Eigenentwicklungen: Als Kernelement dient ein selbst entwickelter Leitrechner (Cell Controller), der FFS und Fertigungslinien prozesssicher überwacht. Dieses digitale i-Tüpfelchen zeichnet nicht nur aus, dass es den gesamten Fertigungsprozess – bei Bedarf im Zusammenspiel mit einem übergeordneten ERP-System – steuert und regelt. Darüber hinaus sorgt der Leitrechner für digitale Transparenz in der Fabrik – beispielsweise durch Visualisierung des Anlagenzustands. Und dank der Eigenentwicklung stellen wir auch bei der Digitalisierung eine hohe Verfügbarkeit sicher.