“Training precisely what you value”
Interview mit Daniel Ramm, Leiter des Starrag-Trainingszentrums
Wie trainiert man in kurzer Zeit in Asien neu eingestellte Mitarbeiter ohne Vorkenntnisse, die in einem neuen Werk der Luftfahrtbranche ein Highend-Bearbeitungszentrum bedienen, warten und programmieren sollen? Über diese Herausforderung und alltägliche Schwerpunkte seiner Arbeit berichtet Daniel Ramm, Leiter des Starrag-Trainingszentrums in Rorschacherberg und Chemnitz.
Learning by doing: Vor allem Praxis steht auf dem individuellenTrainingsplan der Starrag für Bediener, Instandhalter und Programmierer.
Herr Ramm, welchen beruflichen Background bringt jemand mit, der das Trainingszentrum von Starrag leitet?
Ramm: Ich habe als gelernter Elektrotechniker lange Zeit im Starrag-Werk Chemnitz als Servicetechniker im Aussendienst gearbeitet. Eines Tages übernahm ich das Schulen von asiatischen Kunden, weil niemand ausser mir die Aufgabe machen wollte: Mir machte es dagegen Spass. Ich wurde daher technischer Trainer und baute über einen Zeitraum von zehn Jahren Schritt für Schritt das Trainingszentrum in Chemnitz auf. Seit 2013 leite ich zusätzlich das Trainingszentrum in Rorschacherberg. Es koordiniert auch die Arbeit der Kollegen in den Werken und Regionen der gesamten Starrag Group.
Sie sind von Haus aus Techniker, wie sieht es mit Didaktik und Methodik aus?
Ramm: Die Didaktik und Methodik habe ich mir teilweise selbst beigebracht, doch das Grundlagenwissen erhalte ich jetzt an der Universität St. Gallen, an der ich seit zwei Jahren den Diplomstudiengang Bildungsmanagement für Industrie und Wirtschaft absolviere.
»Aus ›Learning Nuggets‹ bauen wir das jeweilige Training individuell auf.« Daniel Ramm, Leiter des Starrag-Trainingszentrums
Wer arbeitet in IhremTeam?
Ramm: Es handelt sich um Schulungsadministratorinnen, Schulungsingenieure und technische Trainer, die aber auch als Servicetechniker im Aussendienst arbeiten, dadurch sind ihr Wissen und ihre Fertigkeiten stets up to date. Diesen Anteil an technischen Trainern wollen wir noch weiter ausbauen. Starrag bildet zusätzlich Trainer in den Regionen aus, die vor Ort in Sprachen wie Russisch oder Chinesisch unterrichten. Unser Ziel ist es, Standardschulungen ohne Dolmetscher direkt in der jeweiligen Landessprache durchzuführen.
Welche Dienstleistungen bieten Sie?
Ramm: In erster Linie schulen wir die Mitarbeiter eines Kunden beim Erwerb einer Produktionsanlage fast immer in den Schwerpunkten Bedienung, Programmierung und Instandhaltung. Das geschieht teilweise beim Kunden und teilweise auch im Herstellerwerk der Maschine. Das Trainingszentrum verkauft aber auch Schulung zum Beispiel zum nachträglichen Trainieren von neuen Mitarbeitern oder zum Vermitteln von neuem Know-how etwa auf den Gebieten Programmierung oder Instandhaltung. Die meisten Kunden ziehen ein individuelles Training für ihre Mitarbeiter vor, das sie in Abhängigkeit vom zeitlichen Aufwand honorieren. Wir besprechen sehr gezielt mit ihnen ihr Schulungskonzept, um dann genau das zu vermitteln, was sie wirklich brauchen.
Das passt ja zum Starrag-Claim »Engineering precisely what you value«.
Ramm: Genau. Bei uns könnte es analog dazu heissen: »Training precisely what you value.« Das schlägt sich auch in unserer Verkaufspräsentation nieder, in der wir unsere geprüften und bewährten standardisierten Schulungsbausteine vorstellen. Aus diesen »Learning Nuggets« bauen wir das jeweilige Training individuell auf.
Keine reine Ausstellungssache: Die Showrooms sollen langfristig auch als Alternative zu Schulungen beim Kunden dienen, die den Produktionsbetrieb unterbrechen oder zumindest ausbremsen.
»Unser Ziel ist es, Standardschulungen ohne Dolmetscher direkt in der jeweiligen Landessprache durchzuführen.«
Doch was machen Sie bei kleineren Kunden, die sich das individuelle Training für einen oder wenige Mitarbeiter nicht leisten können?
Ramm: Ihnen bieten wir ein kostengünstigeres Gruppentraining zusammen mit Mitarbeitern anderer Unternehmen an. Die Teilnehmer profitieren dabei vom Blick über den Tellerrand – also vom Know-how-Austausch mit Kollegen aus anderen Firmen und Branchen. Darüber hinaus können sich die Teilnehmer dabei bestens vernetzen.
Aber Sie bilden auch die eigene Servicemannschaft der Starrag Group aus?
Ramm: Die zweite wichtige Aufgabe des Trainingszentrums ist die Schulung der 300 weltweit aktiven Mitarbeiter der Geschäftseinheit »Customer Service«. Dafür gibt es ein internes, modular aufgebautes Ausbildungsprogramm. Einige Module aus diesem Programm bieten wir aber auch Kunden auf Anfrage an, damit sie Service mit all unseren Kniffen und Tricks kennenlernen. Teilweise geschieht dieses Training direkt in der Montage, in der diese Bauteile entstehen. Ein typisches Beispiel ist die fachgerechte Justage eines Werkzeugwechslers nach Herstellervorgabe.
Nicht jeder kann wie Sie parallel Bildungsmanagement studieren: Wer bildet Ihre technischenTrainer aus?
Ramm: Diese Mitarbeiter repräsentieren Starrag in einem besonderen Mass, denn sie sind in direkter Zusammenarbeit mit dem Kunden für den Trainingserfolg verantwortlich. Sie erhalten von einem externen Profi eine sehr intensive Ausbildung, in der er ihnen methodischdidaktisch zeigt, wie sie technische Zusammenhänge im Schulungsraum und vor allem auch direkt an der Maschine vermitteln. Anschliessend stellen die Schulungsingenieure unsere Ausbildungskonzepte detailliert vor und übernehmen sehr gewissenhaft das individuelle und intensive Coaching der technischen Trainer über einen längeren Zeitraum hinweg. Das jeweilige spezifische Zusammenstellen der Schulungsinhalte sowie das Übersetzungsmanagement erledigen unsere Trainingsadministratorinnen, welche die Unterlagen sehr zuverlässig termingerecht bereitstellen. Auf unser gut eingespieltes Team sind wir gemeinsam sehr stolz.
»Langfristig setze ich auf Blended Learning, das die klassische Schulung mit E-Learning kombiniert.«
Ohne Dolmetscher: Starrag schult nicht nur auf Deutsch oder Englisch, sondern auch individuell und direkt in vielen Sprachen.
Elektronische Medien verdrängen zunehmend die gedruckten Handbücher und Tutorials: Wie lautet Ihre Strategie?
Ramm: Langfristig setze ich auf Blended Learning, das die klassische Schulung mit E-Learning kombiniert. Es gibt bereits alle Trainingsunterlagen in elektronischer Form, die wir mithilfe eines Dokumentenmanagementsystems erstellen. Aber etwas ist mir dabei sehr wichtig: gedruckte und elektronische Unterlagen auch in der jeweiligen Kundensprache zu anzubieten.
Gibt es ein aktuelles Highlight, das Sie besonders herausgefordert hat?
Ramm: Zu den Höhepunkten zählt sicherlich ein mehrwöchiges, extrem individuelles Training bei einem Unternehmen der Luftfahrtbranche in Malaysia, das auf einer Starrag STC 1800/170 grosse Triebwerksgehäuse bearbeitet. Zum Einsatz kommt unser Highend-Produkt in einem völlig neuen Werk,
in dem neu eingestellte malaysische Fachkräfte an dem 6-Achs-Bearbeitungszentrum mit der Fertigung der komplexen Gehäuse beginnen. Wir haben die zwölf Mitarbeiter in einem individuellen, mehrwöchigen Trainingsprogramm auf den Gebieten Bedienung, Instandhaltung und Programmierung geschult. Alles in allem dauerte die Schulung mit Unterbrechungen rund zwei Monate.
Gibt es auch schon Anfragen zu aktuellen Themen wie »Predictive Maintenance«?
Ramm: Ja, in diese Richtung gehen bereits unsere Schulungsinhalte zum »Condition Based Monitoring« und zum »Fingerprint«, die wir im Rahmen unseres Trainings für Instandhalter und Bediener durchführen. Fingerprint beispielsweise ist ein Report des Zustands von wichtigen Komponenten der Maschine, den ein Mitarbeiter mit wenigen unkomplizierten Befehlen auf der Steuerung starten kann. Die Auswertung erfolgt zunächst in einer ersten Einschätzung durch den Techniker vor Ort und anschliessend in einer detaillierten Analyse durch werksinterne Starrag-Spezialisten unter Berücksichtigung der bei der Auslieferung erstellten Referenzmessung.
Wer übernimmt bei der Starrag welches Training?
Ramm: Chemnitz schult in seinem Trainingszentrum die Programmierung, Bedienung und Instandhaltung von HEC-Maschinen mit Siemens- und Fanuc-Steuerungen direkt an Schulungsmaschinen. Im Trainingszentrum in Mönchengladbach kommen voll ausgestattete Simulatoren zum Einsatz. Hier wurden auch unsere neuesten Innovationen »Advanced Maintenance Training« und »Advanced Application Training« entwickelt. In Rorschacherberg befinden wir uns momentan im Aufbau modernster Lernumgebungen – individuell auch in Vuadens und St. Etienne. Als Alternative zum Training direkt beim Kunden planen wir langfristig – beispielsweise in China und den USA – auch Schulung mit einem lokalen Trainer in unseren Showrooms.
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